Die Stadt (wieder)entdecken – Cinéma de la Cour

Cinéma de la Cour

Unsere Hauptstadt, denken Sie, Sie kennen sie gut? Dann täuschen Sie sich! Einige Gebäude, an denen Sie regelmäßig vorbeigehen, verbergen eine besondere Geschichte. Dr. Robert L. Philippart ist ein wahrer Experte auf diesem Gebiet und wird Sie durch die Stadt führen, um diese verborgenen Geschichten zu entdecken, die Ihnen einen neuen Blick auf einige der ikonischen Gebäude eröffnen.

Die Ursprünge des „Cinéma de la Cour“ in der Nr. 22, rue de l’Eau, gehen zurück auf den Festsaal des ehemaligen Hôtel du Luxembourg. Im Jahr 1907 verwandelte der Hotelier Nicolas Medinger zusammen mit seinem Sohn Félix diesen Saal in das erste dauerhafte Kino der Hauptstadt. Zunächst trug das Kino den Namen „Cinéma Moderne“, später „The Royal Bio Comp“ und „Cinématographe Medinger“. Die Filme richteten sich in erster Linie an ein Familienpublikum.

Ab 1910 änderte sich das Programm: Es wurden Dramen, Komödien, Western und fiktionale Filme gezeigt. Das Kino präsentierte außerdem Filme, die teilweise im Großherzogtum gedreht wurden, sowie Nachrichtenprojektionen. Félix Medinger ließ einen Film über den Amtseid der Großherzogin Marie-Adélaïde anfertigen und zeigte ihn 1912 in Gegenwart von Mitgliedern der großherzoglichen Familie. Aufgrund des Erfolgs des Kinos ließ Félix Medinger neben dem Hôtel du Luxembourg das „Cinéma Palace Medinger“ errichten, das 400 Sitzplätze bot. Er hatte den Architekten Georges Traus für den Bau gewinnen können. Traus, der für die Monumente Dicks/Lentz und Laurent Menager sowie für den Anbau des Grand Hôtel Brasseur verantwortlich war, gehörte in Luxemburg zu den renommiertesten Architekten seiner Zeit.

Da das Kino für die Mitglieder der großherzoglichen Familie eine private Loge bereithielt, erhielt es im Jahr 1922 den Namen „Cinéma de la Cour“. Es wurde zum edelsten und technisch bestausgestatteten Kino der gesamten Hauptstadt. Abenteuerfilme fanden fortan Eingang in das Programm. Die musikalische Begleitung der Stummfilme übernahmen renommierte Musiker der damaligen Zeit, wie Louis Beicht sowie die Schwestern Lou, Lina und Laure Koster. Im Jahr 1927 engagierte Medinger sogar ein Orchester, um die Vorführung des Films „Faust“ von Friedrich Wilhelm Munau zu untermalen. Bis 1929 war das Kino so ausgestattet, dass es die ersten Tonfilme projizieren konnte.

Die 1930er-Jahre brachten die ersten Herausforderungen mit sich. Neue, modernere, geräumigere und noch besser ausgestattete Kinos eröffneten im Bahnhofviertel. Das schmale Grundstück erlaubte keine weitere Erweiterung. Das Kino bot sonntags keine Vormittagsvorstellungen an und verfügte auch nicht über ein ergänzendes Programm zu den neu eröffneten Großkinos. Der Betreiber benannte das Kino in „Kammer-Lichtspiele“ um und stellte ein eigenes Programm mit Wiederholungsfilmen und weniger bedeutenden Produktionen zusammen. Dank der gezeigten Komödien gelang es dem Kino, sein Publikum zwischen 1940 und 1944 zu verdoppeln.

Im Jahr 1947 nahm Félix Medinger umfangreiche Modernisierungsarbeiten an seinem Kino vor. Der neue Saal wurde in Gegenwart des Thronfolgers Jean von Luxemburg und des Staatsministers Pierre Dupong eingeweiht. Mit der Vorführung großer internationaler Filme gelang es dem Kino, seinen ursprünglichen Ruf wiederzuerlangen. 1953 übernahm Armand Schneider das Kino und unterzog es fünf Jahre später erneut Renovierungsarbeiten. Der Saal präsentierte sich in leuchtenden Farben, und der Vorhang vor der Leinwand war goldfarben.

Die Eröffnung des Kinos Cité in der Oberstadt stellte eine neue Herausforderung dar, zu der ein allgemeiner Rückgang der Kinobesucher hinzukam. Das Fernsehen trat als Hauptkonkurrent auf. Das Programm, bestehend aus Abenteuer-, Horror- und Westernfilmen, versuchte, das Ruder herumzureißen. Auch die Vormittagsvorstellungen für ein studentisches Publikum änderten nichts an dem negativen Trend. Ende der 1960er-Jahre war das Kino zu einem zweitklassigen Veranstaltungsort in einem zunehmend vernachlässigten Viertel geworden. Das Kino versuchte, durch die Vorführung erotischer Filme ein wenig zu überleben. Die mangelhafte Verwaltung des Betriebs und der veraltete Zustand der Einrichtungen beschleunigten seinen Niedergang, sodass der Betrieb am 30. April 1971 geschlossen wurde. Versuche, den Saal für Projekte des Ciné-Club 80 zu reaktivieren, scheiterten. Der Staat erwarb die Gebäude des Hôtel du Luxembourg und des Cinéma de la Cour mit der Absicht, dort Dienste der Abgeordnetenkammer unterzubringen. Im Jahr 1977 verkaufte der Staat die beiden baufälligen Gebäude an Investoren, um das historische Viertel der Altstadt zu renovieren und wiederzubeleben.

 

Recherche und Text: 

Robert L. Philippart

Bildnachweis:

Cinéma de la Cour © collection Paul Lesch

Cinéma de la Cour© Archives Luxemburger Wort 1980

Décor Ciné de la Cour © Rolph

Emplacement de l’ancien Hôtel de Luxembourg et cinéma de la Cour © Rolph

cinema de la Cour

© collection Paul Lesch

Décor Ciné de la cour
emplacement Hôtel de Luxembourg

© Rolph

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