Wir entdecken unsere Stadt (NEU) - Schuhgeschäft Gilly

Gilly

Wir entdecken unsere Stadt (NEU) - Schuhgeschäft Gilly

Sie glauben, Sie kennen sich gut in unserer Hauptstadt aus? Wenn Sie sich da mal nicht täuschen. Einige Gebäude, an denen Sie regelmäßig vorbeigehen, haben eine ganz besondere Geschichte. Dr. Robert L. Philippart ist ein wahrer Experte auf diesem Gebiet und begibt sich mit Ihnen auf Entdeckungstour zu verborgenen Geschichten, die Sie diese Wahrzeichen mit anderen Augen sehen lassen.

Schuhgeschäft Gilly, Nr. 7 

Am 1. Juli 2021 haben das Präsidium des Europäischen Parlaments in Luxemburg sowie die Vertretung der Europäischen Kommission in Luxemburg das Gebäude des einstigen Unternehmens „Gilly“ in der Rue du Marché-aux-Herbes geräumt, in dem sie seit 2006 ihren Sitz gehabt hatten. Sie befinden sich nun im Konrad-Adenauer-Gebäude auf dem Kirchberg-Plateau. Das Schild mit dem Namen „Gilly“ befindet sich noch immer auf dem Vordereingang des Gebäudes in der Rue du Marché-aux-Herbes 7. Es erinnert an ein altes Schuhgeschäft, das im Jahr 1921 gegründet wurde. Das Gebäude selbst ist jedoch viel älter. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts verfügte das Haus über Arkaden ähnlich den restaurierten weiter unten in der Rue de la Boucherie. Die Doppeltür auf der Seite zur Rue de la Boucherie führte Anfang des 19. Jahrhunderts zum Tanzsaal der Stadt. Dort fanden außerdem Theateraufführungen statt. Die Fleischerei „Schir & Strockenhaus“, die sich in der Folgezeit in dem Gebäude befand, umfasste einen Hof mit Schlachthaus. Das Unternehmen wurde im Jahr 1886 durch den Fleischer Jacques Bourg fortgeführt. Im Jahr 1890 erhielt das Haus große Schaufenster, seine Terrasse mit Geländerpfosten und die Figur einer Jungfrau mit Kind, die bis heute erhalten sind.

Von 1921 bis 2006 betrieb das Familienunternehmen Lieblich, das das Schild mit dem Titel „Chaussures Gilly“ in Anlehnung an „Guillaume“, ein Familienmitglied, angefertigt hatte, ein Schuhgeschäft im Erdgeschoss. Juda-Jules Lieblich wurde 1893 in Andrychów in Polen geboren und war jüdischen Glaubens. Er erwarb die luxemburgische Staatsangehörigkeit im Jahr 1935, nachdem die Nürnberger Rassengesetze in Deutschland erlassen wurden. Juda-Jules war mit Albertine Hertz verheiratet, die ursprünglich aus Diekirch stammte. Nach dem Einmarsch der Nazis in Luxemburg gelang es dem Ehepaar Lieblich, mithilfe des Diplomaten Aristides de Sousa Mendez nach Portugal zu fliehen. Am 25. April 1941 erreichte das Paar New York an Bord der „SS Nyassa“, die von Lissabon aus gestartet war. Sie überlebten die Verfolgung und konnten im Jahr 1946 kurz nach der Bezwingung des Nazi-Regimes nach Luxemburg zurückkehren. Die Sorge darum, den Namen „Gilly“ auf der Fassade des Gebäudes zu erhalten, ist ein Zeichen der Beliebtheit der Familie Lieblich. Trug der moderne Mann der 1930er-Jahre die Marke Eperon d‘Or an den Füßen, so waren es die Marken Morega, Junon und Herrys, die die Frauen in der Nachkriegszeit bezirzten. Im Jahr 1949 nahm das Unternehmen mit seiner Belegschaft von 46 Personen mit einem beleuchteten Wagen am „Fakelzuch“ teil. Im Jahr 1961 stattete Lieblich Miss Luxembourg für ihre Modenschauen aus und beschenkte die Bezwinger beliebter Wanderrouten mit einem Pokal. Das Unternehmen nahm an der Braderie und am „Stroossemaart“ teil und unterstützte in den 1980er-Jahren aktiv die Kundgebungen zum Thema „Luxembourg Centre – Luxembourg Ville Ouverte“. Auch sozial engagierte sich Familie Lieblich aktiv, indem sie durch Aktionen und Spenden die Initiativen zur Errichtung des Nationalen Streikdenkmals in Wiltz oder des Nationaldenkmals der Solidarität in Luxemburg unterstützte. Menschen in prekären Lagen ist das soziale Engagement dieser Händlerfamilie ebenfalls nicht entgangen, sei es den Opfern der Überschwemmungen in Norditalien oder denen der Erdbeben in der Türkei. Auch Einwandererfamilien und die Vereinigung von Eltern von Kindern mit intellektuellen Beeinträchtigungen erhielten Unterstützung. Dieses Engagement für die Stadt und für die Gesellschaft ist eine sehr gute Erklärung dafür, warum den Luxemburgern „Chaussures Gilly“ auch 16 Jahre nach der Schließung noch gut in Erinnerung geblieben ist.

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